Paragraphe d'allemand
Irene und Jonas kommen Ende November nach Island, zum allerersten Mal. Magnus weiß einen Monat lang, dass sie kommen werden und sagt es Jonina erst ziemlich spät. „Ich bekomme Besuch aus Berlin, morgen“, Jonina fragt ihn nicht, warum er so lange gezögert hat, es ihr mitzuteilen, es wird ihn verunsichern, Besuch aus der Vergangenheit verunsichert immer. Sie selbst ist eher neugierig.
Sie kennt Magnus seit eineinhalb Jahren. Sie ist ihm vorher nie begegnet, das ist für isländische Verhältnisse ungewöhnlich, aber so ist es gewesen. Sie sind nicht gemeinsam zur Schule gegangen, sie sind nicht entfernt miteinander verwandt, sie waren nicht zufällig auf demselben Rockkonzert, sie sehen sich im Jahre 1999 zum ersten Mal. Später stellen sie fest, das Bjarni, der
Vater von Joninas Tochter Sunna, in der Schule Magnus bester Freund gewesen ist, sie stellen das zu einem Zeitpunkt fest, zu dem der Kontakt zwischen Jonina und Bjarni schon lange abgerissen ist. Magnus wächst an der Westküste auf und Jonina an der Ostküste. Magnus geht, als er zwanzig Jahre alt ist, nach Berlin, Jonina geht nach Wien. Magnus studiert Psychologie,
Jonina Literaturwissenschaften, sie kehren ungefähr zur gleichen Zeit zwölf Jahre später nach Island zurück. Letztendlich kommen alle Isländer nach Island zurück, fast alle, sie studieren oder arbeiten im Ausland und leben da 10 Jahre lang, und dann ist es genug, und sie kommen zurück. Fast alle. Jonina ist nie in Berlin gewesen. Sie weiß nicht, wie die Stadt aussieht, in der Magnus zwölf Jahre lang gelebt hat, sie kann sich nicht vorstellen, wie er ausgesehen hat in diesen Jahren, wie er war, was er gemacht hat, wie er Deutsch gesprochen und mit deutschen Mädchen seine Tage verbracht hat.
Als sie sich kennen lernen, sprechen sie viel über diese Jahre im Ausland, über die Fremdheit und über das Glück und die
Härte der Fremde, sie sprechen darüber wie über etwas, was eben lange vorbei ist und keinerlei Einfluss mehr hat auf das,